Faire Bezahlung JETZT!

Eine alte Partyregel lautet: „Wenn du über Kunst reden willst, rede mit Banker:innen. Künstler:innen reden nur über Geld.“

Das ist gemein – und oft zutreffend. Denn immer noch glauben viele Menschen, dass Kunst Ergebnis eines inneren Drangs ist, der den Produzent:innen so viel Spaß macht, dass die Bezahlung nur ein erfreulicher Nebeneffekt ist. (Übertrieben – aber nicht ganz falsch.)

Natürlich schreiben Theaterautor:innen, weil genau das ihr Ausdrucksmittel ist. Aber Geld wollen (und müssen) sie damit auch verdienen – weil das Leben Geld kostet. Dafür hat jede:r Verständnis. Aber reicht dieses Verständnis auch so weit, folgende Forderung mitzugehen?

Unsere Forderung

Als Untergrenze für Berufseinsteiger:innen sollten 9.000 Euro für einen Stückauftrag selbstverständlich werden. Damit würde eine Forderung verwirklicht, die das theaterautor:innen-netzwerk in einer aktuellen Richtgagen-Empfehlung nennt.

Für Autor:innen jenseits der Berufseinstiegsphase sollte ein Stückauftragshonorar von 20.000 Euro aufwärts plus Tantiemen gelten.

Wir reden hier von Profis – Menschen, die das Schreiben für das Theater als Beruf begreifen, ihr Handwerk beherrschen, Erfahrungen gesammelt haben, davon profitieren und mit diesem Beruf älter werden: aus WGs in eigene Wohnungen ziehen, Familien gründen, Care-Arbeit leisten, Altersvorsorge betreiben. Kurz: Menschen, die ihr Lebensmodell verstetigen wollen, nachdem sie vielleicht Nachwuchsstar der Theaterkritik waren oder Erfolge in Mülheim oder Heidelberg gefeiert haben.

Klingt nach viel Geld?

Ist es nicht.

Pi mal Daumen sitzen Dramatiker:innen sieben Monate an einem Stück – mal mehr, mal weniger. Zwei Stücke pro Jahr sind das Maximum, wenn man sehr produktiv ist. Das ergibt ein Brutto-Jahreseinkommen von rund 40.000 Euro – vor Steuern, Sozialversicherung und Betriebsausgaben.

Und wie vielen Theaterautor:innen gelingt es, regelmäßig zwei Stückaufträge pro Jahr zu erhalten – nicht nur einmal im Leben, sondern kontinuierlich über eine gesamte Laufbahn hinweg?

20.000 Euro sind kein Luxus, sondern eine Basis, die den Lebensunterhalt während des Schreibens finanzieren soll und muss.

Tantiemen sind kein Ersatz

Natürlich könnten Theater einwenden: „Die Tantiemen sind doch entscheidend. Schreibt Stücke, die erfolgreich sind!“

Das ist ungefähr so hilfreich, wie Musiker:innen zu sagen, sie sollen „einfach“ einen Hit schreiben. Erfolg ist nicht planbar. Man schreibt, was man schreiben will und muss – und weiß um die Unsicherheit. Eine Unsicherheit, die zudem nicht allein von Autor:innen abhängt, sondern auch von allen anderen am Theater Beteiligten.

Ein Blick auf die Realität

  • Durchschnittsverdienst von Freiberufler:innen (Kulturrat, vor Corona): 1.500 € brutto/Monat
  • Auftragshonorare für Stücke (Umfrage VTheA): 6.000–6.900 €

Das Bild ist erschreckend: Der Beruf Dramatiker:in droht einer zu werden für reiche Erb:innen, unausgelastete Lehrkräfte oder Menschen, die ihn nur neben einem „eigentlichen“ Beruf ausüben.

Wenn selbst Autor:innen, deren Stücke gespielt werden, nicht von ihrer Arbeit leben können, ist der Wurm drin. Sie tragen das volle Risiko – im Gegensatz zu Regisseur:innen, deren Gagen erfolgsunabhängig sind.

Strukturelle Schieflage

Theaterleitungen haben nicht die Auflage, ihre Kunst allein aus Eintrittseinnahmen zu finanzieren. Theater werden zu etwa drei Viertel aus öffentlichen Mitteln getragen. Beschäftigte an den Häusern sind entsprechend grundfinanziert.

Diese Grundfinanzierung soll künstlerisches Wagnis ermöglichen. Doch wie sollen Autor:innen solche Wagnisse mitgehen, wenn ihre gesamte Existenz vom Einspielergebnis abhängt?

Warum sollen ausgerechnet Autor:innen der vollen Wucht eines „Marktes“ ausgeliefert sein, den es in dieser Form im Theaterbetrieb gar nicht gibt?

Unsere Schlussfolgerung

Wenn Autor:innenschaft für das Theater nicht nur ein Hobby, eine Liebhaberei oder ein Nebenberuf sein soll, dann müssen Autor:innen die Chance haben, von ihrer Arbeit zu leben.

Sonst können sie es sich schlicht nicht leisten, langfristig fürs Theater zu schreiben. Und es bleibt die Frage: Will sich das Theater leisten, seine Autor:innen als ewige Amateur:innen zu behandeln?

Wer professionelle Arbeit will, muss dafür sorgen, dass Profis so bezahlt werden, dass ein eigenständiges, erwachsenes Leben möglich ist.

Dann – und nur dann – wird man auf Partys mit Künstler:innen auch wieder über Kunst sprechen können.
Andernfalls schaut man vielleicht bald Stücke, die Banker:innen in ihrer Freizeit geschrieben haben.

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